Musik – Texte – Tanzbewegungen

Etwas anderes, als dem Medium Musik zuzuhören, ist es, die Wirkung der Musik direkt zu empfinden.

Beispiel 3 – Spontane Tanzbewegungen als Abbildung musikalischer Elemente

Die meisten spontanen Tänzer reagieren ähnlich, wenn sie sich in einem Fluss aus Bewegungen mit der Musik verbunden fühlen.

Auf rhythmisch betonte Passagen reagieren spontane Tänzer mit rhythmischen Bewegungen auf der Stelle. Dem Puls des Ortes des Lebens wird auf der Stelle, auf der man tanzt Ausdruck gegeben.

Melodisch betonte Passagen veranlassen spontane Tänzer zu Bewegungen um Symmetriezentren herum. Rechts-links, oben-unten werden vielfältig miteinander verknüpft und variiert. Oft sind es fließende Bewegungen durch den Körper von einem Ort des Körpers zu einem anderen. Kopf, Brust und Basis sowie Kopf- und Fußhaltungen im Verhältnis zum Körperzentrum stellen vielfältige emotionale Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung.

Ausgehaltene, nachklingende Akkorde fordern den spontanen Tänzer auf, sich durch den Raum zu bewegen. Meist in Kreisbewegungen, oft mit leicht ausgebreiteten Armen.

Die musikalische Qualität der Inspiriertheit veranlasst den Tänzer, sich zu offenbaren.
Wenn durch die inspirierte Verdichtung der musikalischen Elemente, der inneren Beschaffenheit unseres Lebens besonders intensiv Ausdruck gegeben wird, dann ist dies für die meisten spontanen Tänzer die Ermächtigung aus sich selbst heraus zu treten.

Musik – Texte – Physik

Neue Musik und Neue Physik

Was ist der zentrale Gehalt der Musik? Ihr aufnehmender Charakter! Alles was klingt, klingt aus einer Substanz heraus. Klang ist per se etwas Seiendes. Aber dieses per se Seiende des Klangs ist immer wieder neu in jedem Augenblick. Der Klang und damit die Musik ist etwas oszillierendes, eine Gestalt, die sich in ihrer Oszillation mit ihrem eigenen Gehalt aufpumpt. Der Klang hat deswegen eine Wirkung auf uns, weil er etwas Aufnehmendes ist. Dabei klingen immer die Tiefenstrukturen mit, die den Klang physikalisch erst möglich machen. Die Physik des Klangs reicht also über den Fokus, den er physiologisch in uns abbildet weit hinaus.

Wenn wir Musik sagen, meinen wir natürlich sehr viel mehr als nur Klang. Der subtile Umgang mit etwas Klingendem im raum-zeitlichen Gefüge erzeugt eine Wirkung auf uns als menschliche Hörer. Das nennen wir Musik. Viel von dieser Wirkung kann eine psychologische Wirkung sein, die gar nicht vom Klingenden, sondern von der Weglassung herrührt. Musik ist das, was man hört, aber letztlich ist ihre Wirkung entscheidend, die auch aus dem herrühren kann, was man nicht hört.

Die Weglassung alleine könnte jedoch keine Musik sein, deswegen bleibt das Zentrale der Musik das, was klingt, und das was klingt ist etwas Aufnehmendes. Der Klang nimmt seinen eigenen Gehalt auf. Dieser Gehalt ist eine Schwingungsstruktur, die sich ständig in einem Übergangszustand befindet, und der Übergang führt immer wieder zu sich selber. Eine im platonschen Sinne scheinbar ideelle Gestalt, die deshalb ist, weil sie eine Wirkung auf uns hat und weil sie eine stabile Substanz jenseits des Klangs hat. Der Klang ist die Wirkung der Substanz, die der Klang aufnimmt, und diese Substanz ist nicht das, was wir hören, sondern das Unhörbare, mit dem uns der Klang verbindet. Man kann deshalb sagen, dass ein Klangkörper, ein Musikinstrument zum Beispiel, ständig etwas Aufnehmendes abgibt, das uns mit etwas verbindet, welches für uns sonst mit unseren Sinnen nicht aufnehmbar wäre. Klang und Musik sind die Substanz der Aufnahme, mit ihnen nehmen wir die Aufnahme auf!

Im Klang begegnet uns eine Grundstruktur des Aufbaus der Materie. Dies ist besonders in der stehenden Welle der Fall, wie sie als Longitudinalwelle in Blasinstrumenten oder als Vokalklang im menschlichen Körper auftritt. Die stehende Welle erhält sich selbst. Natürlich bildet sie die Eigenschaften des Trägermediums, der Luft und des Klangkörpers ab, aber in jedem Klang steckt mehr als das. In Klängen steckt ein eigenes Erhaltungsprinzip. Sie schaffen sich Raum zu sich selber. Die Kräfte des Klangs berühren und stützen sich und schaffen so einen Raum im Inneren des Klangs, der scheinbar unabhängig vom Klangraum außen ist. Im inneren des Klangs spiegelt sich die Substanz des Klangs zu sich selber und erschafft sich ständig neu. Mehr als das: Je exakter die Eigenschwingung sich zu sich selber spiegelt, umso enthüllter klingt die Detailstruktur des Klangs, die Obertonstruktur. Jede neu hervorklingende Obertonstufe klingt aus der Verstärkung einer solchen inneren Klangstruktur hervor. Obertöne klingen aus dem Inneren des Klangs. Beim Gesang ist dies besonders deutlich erlebbar.

Was hat dies alles mit moderner Physik zu tun?
Die moderne Physik gibt sich mit nichts weniger zufrieden als mit der Modellierung der Manifestation des Materiellen selbst. Wie entsteht etwas Materielles, wenn es noch nichts Materielles gibt? Worin soll die materielle Schwingung schwingen, wenn es noch kein Schwingungsmedium gibt? War zuerst die Frequenz oder war zuerst das Medium, in dem die Frequenz schwingen konnte? Henne oder Ei, was war zuerst? Das Ei scheint zugleich Henne gewesen zu sein und umgekehrt. Es scheint einen Moment gegeben zu haben, in dem etwas Nichtmaterielles zu sich selbst resonierte und so einen definierten Schwingungsraum mit definierten Eigenschaften hervorbrachte. Hervorbrachte in dem Sinne, dass es etwas aufdeckte, was schon da war. Aufdeckte, in dem Sinne, dass es etwas aufnahm und immer wieder neu aufnahm ohne Unterbrechung und dadurch einer Eigenschaft, vielen Eigenschaften Manifestation verlieh.